Kolmannskuppe - Abenteuerlicher Rundgang durch eine deutsch-namibische Geisterstadt

Anfang des letzten Jahrhunderts entsteht ein kleiner Ort inmitten der namibischen Wüste. Deutsche Diamantensucher leben dort mit ihren Familien und machen Kolmannskuppe zur damalig reichsten Stadt des Landes! Komm mit uns in diese unglaubliche Geisterstadt...

"Passen Sie gut auf - vor allem auf die Kinder! Denn hier gibt es eine ganze Menge Schlangen!", sagt Gisela, die uns durch die Geisterstadt Kolmannskuppe führt. Die mindestens 85-jährige, immer noch rüstige Namibierin, spricht perfektes Deutsch. Und sie stellt auch gleich klar, dass ihr Vortrag nicht unterbrochen werden darf: "Ihr beiden setzt euch auf den Stuhl da hinten und seid mucksmäuschenstill!", sagt sie zu Niklas und Hanna.

 

Unsere Kinder fügen sich brav ihrem Schicksal, während Bert und ich gebannt den Worten der Einheimischen mit deutschen Wurzeln lauschen. Gisela hat in Kolmannskuppe gelebt, sie weiß genau, wovon sie spricht. Und sie erzählt die Geschichte eines unglaublich interessanten Ortes.  

 

Irgendwie fühlt sich das alles bizarr für uns an: Mitten in der namibischen Wüste - am gefühlten Ende der Welt - befinden wir uns auf einer deutschsprachigen Führung durch eine Geisterstadt. Bis auf uns sind alle Besucher an diesem Vormittag Deutsche. Zufall? Nein! Denn die Geschichte Namibias ist eng mit der von Deutschland verknüpft, und das spiegelt sich auch im Tourismus wider.

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Kolmannskuppe - ein Blick in die Geschichte

Am Ende des vorletzten Jahrhunderts, genau genommen im Jahre 1884, kommen die ersten deutschen Einwanderer ins damalige Deutsch-Südwestafrika. Das Land hat außer Wüste, Hitze und endloser Leere nicht viel zu bieten, und manch einer der Ankömmlinge fragt sich bestimmt, was er in diesem heißen, unwirtschaftlichen Land nur anfangen soll.

 

Das ändert sich allerdings schlagartig, als der brave Bahnarbeiter Zacharias (schwarzer Hautfarbe) seinem deutschen Vorgesetzten August Strauch im April 1908 einen glänzenden Stein übergibt, den er zwischen den Zuggleisen gefunden hat. Strauch, der nach Namibia gekommen ist, um sein Asthma auszukurieren, ist dafür verantwortlich, ein neun Kilometer langes Teilstück der Eisenbahnlinie vom kleinen Ort Aus in die Hafenstadt Lüderitz von Sandverwehungen zu befreien. Er erkennt den Wert des Fundes sofort und sicherte sich gemeinsam mit ein paar anderen Deutschen Schürfrechte.

 

Das ist der Beginn des großen Diamantenfiebers und viele Abenteurer versuchen ihr Glück in der Gegend um Kolmannskuppe. Im September 1908 wird von der deutschen Regierung eine Sperrzone errichtet, wodurch der unkontrollierte Abbau von Diamanten verhindert werden soll. Das Gebiet reicht vom Orange River im Süden des Landes (an der Grenze zu Südafrika) bis nach Lüderitz und zieht sich weit ins Landesinnere hinein. Auch heute ist diese Zone noch abgeriegelt und darf nicht betreten werden.

 

Es dauert nicht lange, und ein Diamantensucher-Camp entsteht, das sich schnell zu einer kleinen Ortschaft entwickelt. Der Name "Kolmannskuppe" stammt übrigens von Johnny Coleman, der mit seinem Ochsenkarren ein paar Jahre zuvor an genau dieser Stelle in einer Düne steckengeblieben ist.

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Der rasante Aufstieg von Kolmannskuppe

Trotz der lebensfeindlichen Umgebung wohnen in Blütenzeiten rund 400 Menschen in Kolmannskuppe. Die Diamantenschürfer holen ihre Frauen und Kinder aus Deutschland nach, denn hier lässt es sich gut leben.

 

In einem Umfeld, in dem es weder Wasser noch Erde gibt und in der nicht eine einzige Pflanze wächst, entstehen unter anderem Schule, Fleischerei, Polizeistation, Bäckerei, Ballsaal, Eisfabrik, Kegelbahn, Casino und Turnsaal. Nicht zu vergessen das riesige Krankenhaus, das das erste Röntgengerät Namibias beherbergt. (Aber nicht etwa, um damit Knochenbrüche zu diagnostizieren, sondern um die Minenarbeiter auf versteckte Edelsteine zu durchsuchen.)

 

Die gefundenen Diamanten bringen großen Reichtum, der sich in der luxuriösen Ausstattung des kleinen Ortes inmitten der Wüste widerspiegelt. Hier wird nicht mit Geld bezahlt, sondern mit Diamanten. Trinkwasser gibt es für die Einwohner per Schiffsladung von Kapstadt und alle Materialien, die zum Bau der teils wunderschönen Häuser gebraucht werden, kommen direkt aus Deutschland.

 

Sogar Eiswürfel und Kühlschränke stehen den Einwohnern zur Verfügung - diesen Luxus hatte man zu jener Zeit nicht einmal in Heimat. Ein Leben fast wie im Paradies, das allerdings nicht lange währen soll.

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Die Wüste erobert ihr Land zurück

Denn der Erste Weltkrieg steht vor der Türe. Deutschland verliert im Jahr 1915 die Kolonialherrschaft über Namibia an die Südafrikanische Union. Viele Deutsche kehren in ihre Heimat zurück. Gleichzeitig werden immer weniger Diamanten in Kolmannskuppe gefunden. Andere Gebiete in Namibia versprechen nun bessere Diamantenvorkommen, die Arbeiter machen sich auf den Weg dorthin. Und lassen fast alles zurück. In den 1950er Jahren verlässt der letzte Einwohner die einst reichste Stadt Namibias, die Diamantenminen sind zu dieser Zeit längst geschlossen.

 

Und die Wüste holt sich zurück, was ihr gehört.

 

Die Häuser verfallen zusehends. Fenster, Türen, Holzböden und verbautes Eisen werden in die nahegelegene Stadt Lüderitz abtransportiert, um in den Häusern dort ein zweites Leben zu finden. 1983 greift schließlich die Regierung ein und erklärt Kolmannskuppe zum Freilichtmuseum.

 

Nach und nach werden einige Häuser restauriert, um dieses einzigartige Kapitel der deutsch-namibischen Geschichte für die Nachwelt zu erhalten. Viele andere Gebäude bleiben genauso, wie sie verlassen wurden. Mit zerbrochenen Fensterscheiben, abgeblätterten Tapeten und rostigen Badewannen. Sie bieten nun eine Heimat für Schlangen, deren Spuren man hin und wieder deutlich im Sand erkennen kann. 

 

Einige der Häuser dürfen (auf eigene Gefahr) besichtigt werden, zuerst während eines geführten Rundgangs, dann auch ganz individuell. Andere Ruinen sind für Besucher tabu, denn sie könnten jeden Moment einstürzen.

 

Nach der Führung wandern wir alleine durch Kolmannskuppe. Betrachten die alten Turngeräte im ehemaligen Ballsaal, bewundern die Kegelbahn und einen alten Kühlschrank, spazieren durchs ehemalige Krankenhaus. Stapfen durch den meterhohen Sand, lassen die Eindrücke dieses unglaublichen Ortes auf uns wirken. Spüren ganz deutlich die Geschichte der Menschen, die einst dort gelebt haben. Mitten in der namibischen Wüste vor über hundert Jahren.

 

Schlangen sehen wir zum Glück keine.

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Kolmannskuppe besuchen

Kolmannskuppe liegt im Westen Namibias, neun Kilometer entfernt von der ebenfalls sehr sehenswerten Hafenstadt Lüderitz. Der Weg dorthin ist lang und einsam, die Straße aber asphaltiert - und ein eigenes Fahrzeug ist notwendig (das ist generell ratsam in Namibia).

 

Geführte Touren werden derzeit täglich um 9:30 und 11:00 Uhr angeboten, am Wochenende um 10:00 Uhr. Tickets bekommt man direkt am Eingang, eine Reservierung ist nicht nötig. Der Eintrittspreis beträgt momentan 80 Namibische Dollar pro Person (knapp 6 Euro) - Kinder unter 6 Jahren sind frei. Im Museum gibt es auch ein Souvenirshop und ein Restaurant.

 

Möchte man Kolmannskuppe besuchen, bietet sich eine Übernachtung in Lüderitz an. Oder besser mindestens zwei, denn auch in Lüderitz gibt es sehr viel zu entdecken.

 

Es gibt auch einen Campingplatz, nämlich das "Shark Island Resort". Dieser liegt idyllisch auf einer kleinen Halbinsel, es ist dort allerdings sehr sandig und sehr, sehr windig - ohne Wohnmobil könnte es dort anstrengend werden!

 

Wir haben im Lüderitz Backpackers Lodge gewohnt (hier geht's zur Facebook-Seite), eines der wenigen Hostels im Ort. Günstig und relativ einfach, aber hübsch und gemütlich - und der Besitzer ist sehr lieb und hilfsbereit. Im Mini-Garten kann man auch preiswert campen - aber nur mit Dachzelt oder Wohnmobil, da der Boden nicht geeignet zum Aufstellen von Zelten ist.

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Kolmannskuppe - Ein Ort, der berührt

Der Rundgang durch die verlassenen Häuser in Kolmannskuppe hat uns tief bewegt. Und war definitiv eines der Highlights auf unserer Reise durch Namibia. Kolmannskuppe ist ein einziges Fotomotiv und Fotografen können gegen eine extra Gebühr auch eine Sondergenehmigung für Besuche außerhalb der Öffnungszeiten bekommen.

 

Wir hoffen, dass wir mit unseren Geschichten und Bildern einen kleinen Eindruck in die Geisterstadt geben konnten. Für viele weitere beeindruckende, sehr detaillierte Fotos von Kolmannskuppe (inklusive wunderschöner Schlangenspuren im Sand) schau mal auf diesem Blog vorbei.

Danke fürs Lesen und liebe Grüße von Bert, Martina, Niklas & Hanna <3


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